In unserer Gesellschaft ist es wichtig, gepflegt und sauber auszusehen, sonst hat man es schwierig soziale Kontakte aufzubauen. Unser Verhalten zur Körperpflege hat aber nicht nur rein gesundheitliche Gründe, sondern ist durch kulturelle Normen und Werte geformt.
Während der Frührenaissance wurde über das unsaubere Wasser Pest und Cholera übertragen, sodass die Menschen aufhörten sich zu waschen. Stattdessen überdeckten sie ihren Geruch mithilfe von Parfum. Auch heute noch ist die Verwendung dessen ein Statussymbol. Jedes Jahr kommen etwa 200 neue Parfums auf den Markt.
Auch der Markt für Putzmittel ist riesig, und wird je nach Kultur angepasst: In Deutschland riechen Haushaltsreiniger nach Orange und Zitrone, in Norwegen und Portugal nach Fichte, in Frankreich nach Lavendel, in Spanien und Italien sogar nach Chlor. Anscheinend verbinden wir mit Sauberkeit unterschiedliche Gerüche.
(Bildquelle: http://www.fotofinder.com/preview/84989E293CED9C9B/?usrtrck=searchresult_link_icon_preview&searchresultid=6e5e07b6a82ec0b36126523dd115f0cd&start=4&text=viss)
Jeder hat ein anderes Verständnis von Sauberkeit. Das merke ich z.B. oft im Zusammenleben mit meinen WG-Mitbewohnern. 😉 Dazu gibt es auch interessante Studien, zwei davon möchte ich kurz erläutern:
Das Magazin Men’s Health deckte auf, dass sich im Freibad zwei von fünf Männern nicht abduschen, bevor sie ins Wasser gehen. Jeder zweite gibt sogar zu, schon einmal ins Becken uriniert zu haben …
Eine andere Studie aus England beobachtete 200.000 Menschen auf einer Autobahnraststätte. Nach dem Toilettengang wusch sich nur jeder dritte Mann die Hände mit Wasser und Seife, bei den Frauen waren es immerhin zwei Drittel. Die Quote stieg allerdings stark an, als man den Toilettenbenutzern suggerierte, beobachtet zu werden.
Vor allem zu seltenes Händewaschen ist einer der Hauptursachen für die Verbreitung von Infektionskrankheiten. Forscher haben entdeckt, dass bestimmte Grippeviren bis zu zwei Wochen auf Geldscheinen überleben können [http://www.welt.de/wissenschaft/article1562903/Grippe-Virus-ueberlebt-tagelang-auf-Geldscheinen.html].
Bei der Lebensmittelherstellung oder in Krankenhäusern zum Beispiel gibt es klare und wichtige Hygiene-Regeln. Diese werden aber leider nicht immer eingehalten. Auf deutschen Intensivstationen liegt das Risiko, sich mit Erregern, die resistent gegen Anitbiotika sind, zu infizieren, bei über 15% [http://www.sueddeutsche.de/leben/infektionsrisiko-krankenhaus-angriff-der-superbakterien-1.788112]!
(Bildquelle: http://blog.seton.de/grippeschutz-haendewaschen.html)
Manchmal ist es aber auch zu viel des Guten, denn zu viel Reinlichkeit kann Allergien hervorrufen. Man hört z.B. oft, dass Kinder im Dreck spielen sollen, um genügend Abwehrkräfte zu entwickeln. Wir brauchen normalerweise auch kein antibakterielles Putzmittel, und wenn ich mir ansehe, was alles in herkömmlichen Reinigungsmitteln steckt, frage ich mich ernsthaft, ob diese nicht eher unsere Gesundheit gefährden, statt sie zu schützen [http://www.umweltbundesamt.de/themen/chemikalien/wasch-reinigungsmittel/inhaltsstoffe]. Dahinter steckt mal wieder typisches Brain„wash“ing der Werbung.
Während wir hier sogar Waschzwänge entwickeln, gibt es in den weniger entwickelten Ländern ganz andere Probleme. Rund 20% aller Menschen haben keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser, 40% der Weltbevölkerung leiden an Wasserknappheit. Alle 20 Sekunden stirbt ein Kind an den Folgen unreinen Wassers! Prognosen zufolge werden diese Zahlen weiter steigen.
(Bildquelle: http://heulnicht.blogspot.de/2010/11/der-ganges-heiliger-fluss-voll-mit.html)
Die Erde wird zwar zu über 70% von Wasser bedeckt, allerdings befinden sich über 97% der weltweiten Wasservorkommen als Salzwasser in den Meeren. Letztlich sind nur 0,007% des auf der Erde befindlichen Wassers für den Menschen unmittelbar nutzbar, und dieses ist sehr ungleich verteilt [http://www.blz.bayern.de/blz/web/700207/1.asp].
Der durchschnittliche Wasserverbrauch pro Kopf in den Industrieländern liegt bei etwa 200 Litern (in Deutschland sind es 120 Liter). In einigen Regionen Nordafrikas liegt er bei nur 12 Litern. Dort müssen die Leute teilweise 30 Minuten bis zur nächsten Wasserquelle laufen. Müssten wir dies auch tun, würden wir das Gut viel mehr schätzen. Wir würden auch sparsamer damit umgehen, wenn es teurer wäre, doch es wird als Allgemeingut betrachtet und somit subventioniert. Tatsächlich müsste dieses Geld in die Errichtung und Erneuerung von Wasserleitungen investiert werden, denn auf der ganzen Welt versickert Wasser durch alte, marode Leitungen.
Würden wir hier weniger Wasser verbrauchen, könnten wir den erheblichen (Energie-)Aufwand der Kläranlagen verringern. Diese bekommen außerdem immer wieder neue Herausforderungen, unser Wasser sauber zu halten, wie z.B. Hormone oder winzige Plastikteilchen [http://www.spiegel.de/wissenschaft/natur/schadstoffe-mikroplastik-ueberfordert-klaeranlagen-a-1000164.html]. Um auf umweltbelastende Waschmittel zu verzichten, wasche ich schon seit einiger Zeit mit Kastanien. Das ist zwar etwas mehr Aufwand, aber es ist ökologisch einwandfrei und kostet gar nichts. Ich bin mit dem Waschergebnis sehr zufrieden. Genauere Infos dazu findet ihr z.B. hier: http://www.waschmaschinen-test.eu/waschen-mit-kastanien-kostenlos-und-umweltvertraeglich.
Doch ist es wirklich sinnvoll, in unseren Haushalten Wasser zu sparen? Werden die Leitungen zu trocken, muss mit Trinkwasser nachgespült werden [http://www.bpb.de/gesellschaft/umwelt/dossier-umwelt/61196/wassersparen?p=all]. Es kommt auf die Region an, in der man lebt.
Das meiste unseres Wassers geht für Waschtätigkeiten wie Putzen, Wäsche waschen und Geschirrspülen drauf. Es kommt aber noch viel mehr dazu, was wir gar nicht bewusst wahrnehmen. Das sogenannte „virtuelle Wasser“ wird benötigt um unsere Lebensmittel, Kleidung, usw. zu produzieren. Während für eine Tasse Kaffee etwa 140 Liter benötigt werden, sind es für ein T-Shirt sogar 4100 Liter! Wer möchte, kann hier einmal seinen Wasser-Fußabdruck berechnen: http://www.waterfootprint.org/?page=cal/WaterFootprintCalculator.
(Bildquelle: http://www.wwf.de)
Meine Meinung zum Wassersparen hat sich durch diese Recherche geändert. Ich brauche eigentlich kein schlechtes Gewissen zu haben, wenn ich mal etwas länger unter der Dusche stehe. Im Endeffekt muss dadurch nämlich weniger sauberes Trinkwasser verschleudert werden, um die Rohre vor dem Austrocknen zu schützen. Viel wichtiger ist es meiner Meinung nach, sich bewusst zu machen, welche Produkte im Alltag wie viel Wasser in der Herstellung benötigen. Ich möchte weniger konsumieren und dies bewusst tun. Auch Ernährung spielt hier eine wichtige Rolle.
Dass „Wasser sparen“ ökologisch sinnvoll ist, ist eine weit verbreitete Meinung. Es lässt sich relativ leicht umsetzen und so das Gewissen beruhigen. Doch es ist nicht immer sinnvoll, und es gibt auch viele andere Bereiche, die weniger mit Wasser zu tun haben, die man aber nicht außer Acht lassen sollte.