Domino/Heilen und Pflegen – Pharmakonzerne & Marketing

MY MERRY DRUGS
Pharmakonzerne & Marketing

„Die medizinische Wissenschaft hat in den letzten Jahrzehnten so ungeheure Fortschritte gemacht, dass es praktisch keinen gesunden Menschen mehr gibt.“ Aldous Huxley, brit. Schriftsteller (1894-1963)

In der westlichen Welt ist die Gesundheitsversorgung auf einem sehr guten Niveau, die Menschen werden immer älter und gesünder und wir können uns außerdem glücklich schätzen, dass wir uns über unsere Gesundheit aufklären können. Und natürlich legen wir auch großen Wert darauf, uns zu pflegen. Fitness, Ernährung, Entspannung und gesundheitliche Vorsorge sind allgegenwärtige Aspekte unseres Lebens. Schlimme und unheilbare Krankheiten sind selten geworden, und eine eine Erkältung kann man mit Kräutertee, gesundem Essen und Schlaf oft ganz einfach auskurieren.

Doch wir leben in einer Gesellschaft in der man lernt, dass es für jedes Problem eine exakt darauf zugeschnittene kaufbare Lösung gibt. Ein Beispiel dafür sind die vielen verschiedenen Shampoos, die es in Drogeriemärkten gibt, oder auch Gesichtscremes, die für tausend unterschiedliche Haar- und Hauttypen hergestellt werden. Und so gibt es auch für jede Krankheit das passende Medikament.

In der Apotheke ist eine Beratung kaum mehr nötig, die Menschen kennen die Namen ihrer Pillen und Salben, sie kennen ihre Marke, haben Werbung dafür im Fernsehen und auf Plakaten gesehen, und so wird ein Gang zur Apotheke zu einem Einkaufsbummel, die Apotheke zum Supermarkt, wir sind nicht länger Patienten, sondern Konsumenten. Hausmittel wie Kräutertee mit Honig und Zitronensaft bei einer Erkältung haben ihren Wert verloren, denn sie besitzen keinen Namen, kein ®, und keine Agentur kümmert sich um ihre Vermarktung.
Dann gibt es noch eine ganze Welt jenseits der apothekenpflichtigen Produkte. in Drogerie- und ganz normalen Supermärkten füllen Vitamintabletten Regale – die Liste ist lang und führt von Mineralien und Vitaminen und Spurenelemente in tausenden Variationen bis hin zu speziellen Mischungen wie Vegetarier-Vitamine, Superbeeren, oder Männergesundheit.

Dass wir uns über unsere Gesundheit und Krankheiten selbst aufklären können, ist sehr wichtig, aber oft wirkt es so als wären wir „überaufgeklärt“ und dadurch verwirrt. Wenn es so viele Produkte gibt, muss es ja auch viele Krankheiten geben, oder? Für die frei erhältlichen Nahrungsergänzungsmittel wird auch viel Werbung gemacht. Und auch für Medizin aus der Apotheke wird viel Werbung gemacht. Publikumswerbung ist in Deutschland für verschreibungspflichtige Medikamente zwar nicht erlaubt, für solche die ohne Rezept in der Apotheke erhältlich sind jedoch schon. Anders läuft es in den USA, dort dürfen Pharmakonzerne direkt beim Konsumenten für verschreibungspflichtige Medikamente werben, beispielsweise in Fernseh- und Radiospots oder mit Anzeigen in den Printmedien. Und das machen sie sich auch zunutze. Um ein Medikament zu vermarkten gehen sie teilweise so weit, Krankheiten zu erfinden:

In den USA vermarktet ein Pharmakonzern ein Antidepressivum unter einem neuen Namen : Sarafem. Für Frauen, die vor ihrer Periode an Stimmungsschwankungen, Reizbarkeit und anderen Symptome leiden…dies wird angeblich von einer neuen Krankheit namens PMDD verursacht. Sie erwähnten nicht, dass es einfach ein neuer Name auf den alten Tabletten war: Prozac, ein berühmtes Antideressivum. Unter dem neuen Namen wurde es dann wieder verkauft und noch dazu viel teurer.

Ein weiteres Beispiel ist Japan. Dort gab es sehr wenige Fälle von Depression. Damit die Pharmakonzerne dennoch ein Mittel gegen Depressionen verkaufen konnten, wurde eine neue Krankheit erfunden: der Schnupfen der Seele, eine leichte Depression, deren Name eine geringe Hemmschwelle erzeugt, darüber zu reden, und einen Arzt aufzusuchen. Um die Gesellschaft zu „informieren“ wurde dann eine große Kampagne gestartet.

Manchmal gibt es ein Produkt, dessen Bedarf nicht bestimmt werden kann. Wenn diese Situation eintritt, müssen Unternehmen die Werbewirtschaft ankurbeln, denn ohne dass eine Notwendigkeit für das Produkt besteht, wird es nicht verkauft werden. Die Dinge, die die Menschen wirklich brauchen, Essen, Kleidung, Unterkunft, werden wenn verfügbar wohl immer gefunden werden, auch ohne Werbung.

Also scheint es wohl so, dass Werbung nur für solche Produkte existiert, die die Leute nicht wirklich brauchen. Die Aufgabe ist folglich, ein Bedürfnis zu erfinden, wo es eigentlich keins gibt. Sobald es dieses Bedürfnis gibt, wird sich das Produkt auch verkaufen.
Die Pharmakonzerne müssen Wege finden, den Nutzen und die Attraktivität eines Produkts zu steigern, sodass Gewinn gemacht werden kann. Also müssen auch sie ein Bedürfnis generieren. Da es sich bei Pharmakonzernen bei den Produkten um Arzneimittel handelt, muss das Bedürfnis eine Krankheit sein…
Ärzte, Versicherer und Pharmaunternehmen schaffen es also, dass wir uns krank fühlen. Gesunde Menschen werden davon überzeugt, dass sie krank sind und leicht kranke menschen werden davon überzeugt dass sie schwer krank sind…

Wir sind bereits rund um die Uhr Konsumenten. Vielleicht sollten wir uns wenigstens während wir krank sind, eine Ruhepause gönnen und mehr auf uns hören.

http://www.brandeins.de/archiv/2007/spitzenkraefte/was-werbung-treibt-risiken-und-nebenwirkungen-des-pharma-marketings/

http://www.sueddeutsche.de/wissen/pharmalobby-unmoralische-angebote-auf-dem-campus-1.1890666

http://gutepillen-schlechtepillen.de/nachgefragt-in-der-grauzone-wie-arzneimittelfirmen-das-medizinische-fachwissen-dirigieren/