„gesunde Produkte“ to go
Eine gesunde und bewusste Ernährung, die noch dazu ökologisch und nachhaltig ist, ist in einem routinierten Alltag nach und nach leicht umzusetzen. Durch das Zubereiten von Mahlzeiten zum Mitnehmen kann Abfall vermieden werden. Auch im Urlaub ist es leicht, selbst zu kochen oder Restaurants auszuwählen, die dem eigenen Geschmack und Anspruch gerecht werden.
In kurzfristigen Jobs oder bei spontanen Reisen ist es oft schwierig, diese gesunden Angewohnheiten beizubehalten. Supermärkte, Reiseproviant-Anbieter und Bäckereien an Bahnhöfen, Flughäfen und Raststätten gaukeln jedoch vor, dass sie die perfekte Lösung bieten: abgepackter Qinoa-Linsensalat mit roter Beete, grüne Smoothies aus bunten Plastikbechern mit Strohhalm und Nussmischungen aus Alu-Dosen.
Die erste der Auswahlmöglichkeiten, die mir auf kurzen Reisen oft bleiben, ist die Mitnahme von meinem eigenen Geschirr. Ich besitze eine Bambus-Lunchbox, verschiedene Schraubgläser und eine Edelstahl-Flasche. Leider nehmen diese Utensilien nach Genuss der mitgenommenen Lebensmittel immer noch viel Platz weg. In Zügen und gerade Flugzeugen ist der Raum für (Leer-)gepäck beengt; ich schleppe also eine im verschmutzte Box mit großem Volumen mit mir herum.
Die zweite Möglichkeit wären Lebensmittel to go – Brezen, Pizzastücke etc. bekommt man neuerdings auf Nachfrage auch „auf die Hand“. Die sind jedoch nicht gesund oder ökologisch und auf Dauer möchte ich sie nicht regelmäßig in meinen Speiseplan integrieren. Vollkornsandwiches mit Gemüse, frische Wraps, Salate und Obst sind dagegen leider häufig einzeln verpackt. Ich greife dann oft zum vermeintlich gesunden Smoothie aus der Plastikflasche, obwohl ich weiß, dass das pürierte Obst ultrahocherhitzt wurde, das Plastik im schlimmsten Fall Schadstoffe abgibt und in jedem Fall Müll produziert.
Greenwashing nennt sich dieses Phänomen, das eine (Marketing-)neuerscheinung ist. Laut Wirtschaftslexikon bezeichnet es „den Versuch von Unternehmen, durch Marketing- und PR-Maßnahmen ein „grünes Image“ zu erlangen, ohne allerdings entsprechende Maßnahmen im Rahmen der Wertschöpfung zu implementieren. Bezog sich der Begriff ursprünglich auf eine suggerierte Umweltfreundlichkeit, findet dieser mittlerweile auch für suggerierte Unternehmensverantwortung Verwendung.“
Dies lässt sich auch auf einzelne Produkte herunterbrechen. Ein Saft aus Bio-Obst erscheint gesund durch die Zutaten, nachhaltig durch den ökologischen Anbau und der teure Preis sowie der eigentliche Erwerb dadurch gerechtfertigt. Die Verpackung suggeriert das Gleiche. Häufig bieten die Unternehmen sogar an, die Säfte zu den Kaufenden nach Hause zu liefern. Dadurch werden Kund*innen davon abgelenkt, dass sie nach wie vor ein Einmalprodukt in Plastik, das Transportwege und Kühlung notwendig macht, in den Händen halten. Der Kauf wird mit gutem Gewissen abgeschlossen und in vielen Fällen sicher auch in dem Glauben, der Umwelt nicht nur nicht geschadet, sondern Vorteile gebracht zu haben.
Diese Art des Marketing sehe ich als problematisch an, da Menschen, die an Nachhaltigkeit interessiert sind, bewusst fehlgeleitet werden. Es wird suggeriert, dass ständiges Kaufen und Konsumieren weiterhin angemessen ist, sofern es sich um „grüne“ Produkte handelt. Dadurch werden ungesunde Verhaltensmuster nicht etwa bekämpft, sondern bestärkt.
Um dem in Zukunft entgegenzuwirken, versuche ich strategisch, meine Reisen besser zu planen, Bananen oder anderes „natürlich“ verpacktes Obst und Gemüse mitzunehmen, Sandwiches in Wachspapier einzuschlagen und zumindest die Edelstahlflasche überall hinzunehmen. Außerdem würde ich mir wünschen, dass die Angebote an Reiseknotenpunkten sich verbessern. Ideal wären buffet-artige Angebote, damit sich Reisende ihre Verpflegung individuell zusammenstellen können, am besten mit ausreichend Sitzmöglichkeiten oder Stehtischen, damit auf Einmalgeschirr verzichtet werden kann. Auch der ständige öffentliche Zugang zu Trinkwasser zum Befüllen von Flaschen ist längst überfällig.
Insgesamt ist der Trend, gesunde Produkte zu vermarkten, natürlich als erster Schritt positiv zu sehen. Dies sollte aber keinen kritischen Umgang mit dem, was wir tagtäglich kaufen und konsumieren, ersetzen.