Die Werbung will uns tagtäglich weismachen, dass es in Ordnung ist, Produkte – die wir brauchen oder glauben sie zu brauchen – gedankenlos zu konsumieren. Wir werden mit immer kreativeren Methoden zum Kauf neuer Produkte verführt. Und wenige von uns hinterfragen ihr Konsumverhalten. Wenigen von uns ist bewusst, was hinter den Produkten steckt. Was alles passiert, bis das Produkt bei uns im Supermarktregal steht.
Für viele Produkte werden Menschen und Tiere ausgebeutet, das Ökosystem schwer belastet oder systematisch zerstört. Doch obwohl wir diese Produkte kaufen, fühlen wir uns nicht für die Folgen unseres Konsums verantwortlich.
Nehmen wir als Beispiel mal eins der beliebtesten und bekanntesten Alltagsprodukte in Deutschland: Nutella. Populäre Fußballnationalspieler verkaufen uns eine fettige, süße, krankmachende Schokocreme als eine gesunde Mahlzeit. Dass Nutella nicht gesund sein kann, ist uns schon klar, aber wie schädlich Nutella wirklich für uns ist, weiß dann doch kaum jemand. Denn mit solchen Produkten schaden wir nicht nur unserer eigenen Gesundheit, sondern auch unserer Umwelt und unseren Mitmenschen. Aber wir sollen weiterhin blind konsumieren, wie schwerwiegend eine solche Kaufentscheidung auch sein mag.
Die beliebte Schokocreme Nutella besteht zum größten Teil aus Zucker und Palmöl, nicht hauptsächlich – wie uns in der Werbung vorgekaukelt wird – aus Haselnüssen, gesunder Milch und Kakao.
Palmöl
Das in Nutella enthaltene Palmöl ist zurzeit ein viel diskutiertes Thema. Es steckt nicht nur in Schokoauftrichen, sondern in beinahe jedem zweiten Alltagsprodukt. In Lebensmitteln wie Margarine, Speiseeis, Keksen, Fertigsuppen, Tiefkühlpizzen und Schokoriegeln, darüber hinaus in Kerzen, Wasch- und Reinigungsmitteln, in der Kosmetik, im Dieseltank und Heizkraftwerk. Weltweit steigt die Nachfrage nach Palmöl. Denn Palmöl ist durch den sehr hohen Ertrag – mit Abstand – das billigste Pflanzenöl. Beispielsweise ist der Ertrag von der Ölpalme fünf Mal höher als der Ertrag von Soja und vier Mal höher als der von Sonnenblumen. Aufgrund seiner chemischen Eigenschaften ist Palmöl außerdem vielseitig in der Lebensmittel- und Chemieindustrie einsetzbar.
Regenwaldzerstörung
Einer der Hauptgründe, warum Palmöl in der Kritik steht, liegt im Anbau der Ölpalme. Die Ölpalme wird heute nahezu in allen Tropenregionen der Erde angebaut. Sie benötigt ein gleichmäßig feucht-warmes Klima. In Indonesien werden hierfür riesige Urwaldflächen (meist illegal) gerodet und Torfmoorböden trockengelegt. Laut der BOS Foundation hat Indonesien bereits 75 Prozent seines Regenwaldes verloren. Den Prognosen des Umweltprogramms der Vereinten Nationen zufolge werden bis zum Jahr 2022 98 % der Wälder verschwunden sein.
Klima
Durch die Waldzerstörung wird so viel Kohlendioxid freigesetzt, dass Indonesien zum drittgrössten Treibhausgasemittenten geworden ist – nach den USA und China. Dabei kommt ein grosser Teil des CO2 Ausstosses von der Zerstörung der Torfgebiete. Diese speichern riesige Mengen von Kohlenstoff. Für den Anbau von Ölpalmen werden sie entwässert, wobei Kohlendioxid und Methangas freigesetzt wird. Zusätzlich wird aber auch bei der Brandrodung viel CO2 emittiert.
Landraub
Auch die in den Regenwaldgebieten lebenden Menschen sind durch den Palmöl-Boom massiv bedroht. Ihre Lebensgrundlagen und ihre Kultur werden zerstört. Kleinbauern und Ureinwohner werden gegen ihren Willen, oftmals mit Gewalt von ihrem Land vertrieben. Allein in Indonesien, wo 45 Millionen Menschen in Wäldern leben, gehen zirka 5.000 Land- und Menschenrechtskonflikte auf das Konto der Palmölindustrie.
Regenwaldrodung in Sarawak, Malaysia
Artensterben
Die Zerstörung der Regenwälder führt außerdem zu einem hohen Verlust an Biodiversität, so wird vor allem der Lebensraum der Orang-Utans zerstört, die heute vom Aussterben bedroht sind. Nach Angaben der UN könnte es auf Borneo in 20 Jahren keine Orang Utans mehr geben. Neben der Zerstörung ihres Lebensraumes drohen den Orang-Utans aber weitere Gefahren: Orang Utans, die die Palmfrüchte in Plantagen schädigen, werden oft gejagt, getötet oder verstümmelt. Zudem fangen sich Dorfbewohner in der Nähe der Plantagen auch oft junge Äffchen als Haustiere ein. Auf Sumatra nehmen Konflikte zwischen Menschen und Tieren zu. Ihre Lebensräume überschneiden sich zunehmend. Früher lebten die Elefanten und Tiger zurückgezogen in den Wäldern. Weil ihre eigenen Lebensräume aber zerstört werden, ziehen die Tiere auf Plantagen und in Dörfer. Nach Schätzungen des WWF leben nur noch rund 6500 Orang-Utans, 3350 Elefanten und maximal 400 Tiger auf der westlichsten Insel Indonesiens.
Deklarationspflicht in Lebensmitteln
Ab 2016 müssen in Europa, Lebensmittel die Palmöl enthalten, entsprechend deklariert werden. Für Kosmetik gibt es aber noch keine Deklarationspflicht. In Kosmetikprodukten gibt es viele Begriffe, hinter denen sich Bestandteile der Ölpalme verstecken können, wie Sodium palmate oder Elais guineensis. Ausserdem können viele chemische Rohstoffe wie Fettsäuren, sowohl aus der Ölpalme wie auch aus anderen Pflanzen hergestellt werden. Das macht es fast unmöglich, den Kauf von Palmölprodukten ganz zu vermeiden.
Nachhaltiges Palmöl
Palmöl kann als nachhaltig bezeichnet werden, wenn seine Produktion nicht zu Regenwald- und Torflandzerstörung und/oder zu sozialen Konflikten führt. Leider ist der Anteil an wirklich nachhaltigem Palmöl auf dem Markt aber noch sehr klein. Der Runde Tisch für nachhaltiges Palmöl (RSPO) geht zwar mit seinen Kriterien zur Zertifizierung in die richtige Richtung, wird aber leider auch von vielen Firmen als grünes Feigenblatt missbraucht. Zudem fehlen bisher Kriterien für die Treibhausgasproblematik und seriöse und unabhängige Kontrollmechanismen zur Überprüfung der Kriterien.
Bio Palmöl
Bio-Suisse zertifiziertes Palmöl folgt Richtlinien, welche die Rodung von Flächen mit hohem Schutzwert verbieten. Darunter fallen auch Urwälder und Primärwälder. Ausgenommen davon sind Flächen, die vor 1994 gerodet worden sind. Die Produktion von Bio-Palmöl führt demnach nicht zu Regenwaldzerstörung.
Alles gute Gründe für uns – den Konsumenten – auf Produkte mit Palmöl zu verzichten.
Nutella ist nur ein Beispiel von vielen Produkten, die aus moralischen und ethischen Gründen sofort vom Markt genommen werden müssten. Doch wenn wir als Verbraucher die Produkte weiter kaufen und unsere Konsumkultur weiter fortführen, werden die Hersteller auch weiter auf billige Zutaten setzen und ökologische Katastrophen in Kauf nehmen. Wir als Verbraucher haben die Macht, auch wenn uns das meistens nicht bewusst ist oder wir das nicht wahrhaben wollen. Jeder Einkauf unterstützt den Markt. Jede unserer Handlungen hat Auswirkungen auf unsere Umwelt. Und ganz wichtig: What goes around comes around. Vor allem zukünftige Generationen werden mit dramatischen ökologischen Folgen zu kämpfen haben.
Der erste Schritt zu bewussteren Konsum ist Wissen. Wer die umweltschädlichen Konsequenzen seines Handelns weiß, Handlungsalternativen kennt und sie auch umsetzen kann, kann seine Lebensweise ändern. Wissen reicht nicht aus, wenn man nicht entsprechend handelt. Eine bewusst nachhaltige Lebensweise erfordert Mut zur Veränderung und vielleicht auch etwas Zeit und Geld. Das sind leider oft Faktoren, die einige von uns davon abhalten die Kluft zwischen Wissen und Handeln zu überwinden.
In Deutschland ist trotzdem ganz klar ein Wandel zu einer nachhaltigeren Lebensweise zu sehen und zu spüren. Ökologische Produkte werden stärker beworben und gewinnen an Attraktivität. Palmöl wird zurzeit so stark kritisiert, dass viele Firmen auf Alternativen umstellen oder Bio-Palmöl verwenden. Auch wenn der 100%ige Verzicht auf Produkte mit Palmöl kaum umzusetzen ist, ist der erste Schritt zu einem kritischeren, bewussteren und nachhaltigeren Umgang mit Produkten, ein sehr wichtiger und vor allem ein notwendiger.
Nützliche Links
Produkte online checken und gesund einkaufen |
Erkenne kritische Inhaltsstoffe bei alltäglichen Produkten.
http://www.codecheck.info/
13 Alltagstipps um den Regenwald zu schützen
https://www.abenteuer-regenwald.de/regenwald-retten/alltagstipps
Nutella-Alternativen & ein Palmöl-Freies Rezept für selbstgemachte Schokocreme
https://www.abenteuer-regenwald.de/bedrohungen/palmoel/nutella-alternativen
10 beliebte Produkte mit Palmöl und gute Alternativen
https://utopia.de/galerien/palmoel-produkte-marke-palmoelfreie-alternativen/#6
Videos
Palmöl – Vom Urwald in die Schokocreme
http://www.zdf.de/planet-e/planet-e.-palmoel-vom-urwald-in-die-schokocreme-der-palmoelboom-hat-fatale-folgen-palmoel-plantagen-gefaehrden-die-letzten-regenwaelder-suedostasiens.-40300658.html
Tödliches Palmöl – Die letzten Orang-Utans von Sumatra
https://www.youtube.com/watch?v=NrkZFzuOTSk
Quellen
Palmöl | Fragen und Antworten
https://www.regenwald.org/themen/palmoel
Grünes Palmöl gibt es nicht
https://www.regenwald.org/news/5546/gruenes-palmoel-gibt-es-nicht
Nachhaltiges Palmöl? Landraub ist bei RSPO-Mitgliedern an der Tagesordnung
http://www.robinwood.de/wordpress/blog/aktion/2015/06/nachhaltiges-palmoel-landraub-ist-bei-rspo-mitgliedern-an-der-tagesordnung/
Ökologisches Bewusstsein und Handeln
http://www.bpb.de/gesellschaft/umwelt/klimawandel/38593/oekologisches-bewusstsein