…ja, ich bin ein Schwein!

…denn es muss ja auch ein negativ Beispiel geben

Da ich, wie man nach einigen Zeilen unschwer erkennen wird, nicht besonders motiviert und informiert bin, was Ökologie und Nachhaltigkeit angeht, versuche ich den Text möglichst in eine Richtung zu lenken, die nicht in Frage gestellt werden kann. Es soll ja keiner merken, das ich keine Ahnung habe. Es gibt keine Zahlen, keine Fakten und keine schockierenden Neuigkeiten, die sofort jeden in einen fassungslosen Stillstand versetzen. Nein. Dies ist eine kleine Beobachtung an Tatsachen, die ich mit Sicherheit weiß. Es geht um mein schauderhaftes Verhalten im Umgang mit meiner Umwelt und wahrscheinlich auch meiner Gesundheit. Dabei versuche ich heraus zu finden, warum ich so unvorbildlich Handel und was es für einfache Lösungen geben könnte ein kleines bisschen Rücksichtsvoller zu agieren.

Ich ahne schon lange, dass ich ein Nachhaltigkeitsflegel bin. Doch seit dem Ökologiekurs weiß ich, es steht schlechter um mich als ich dachte. Ich kaufe billiges Fleisch, trinke an guten Tagen drei „Coffee to go“, schmeiße Batterien in den Restmüll und kaufe alles bei H&M. Die Sachen halten höchstens ein viertel Jahr, dann schmeiße ich sie weg und kaufe die Teile neu. Ich versuche Veganer davon zu überzeugen wieder Fleisch zu essen. Ich rauche eine Schachtel Zigaretten am Tag und werfe die meisten der Stummel auf den Boden. Am liebsten wickle ich meine Essensreste in Alufolie ein, was ich mir eigentlich auch sparen könnte, weil ich das in den nächsten zwei Tagen sowieso meistens wegschmeiße und mir unterwegs etwas hole. Ich schmiere mir fast nie ein Brot für die Uni. Ich kaufe mir jeden Tag mein Trinken in einer Plastikflasche. Ich nehme in den seltensten Fällen eine Einkaufstasche mit. Ich habe also mindestens 20 Plastiktüten zuhause rumfliegen, die ich dann entsorge, weil sie die falsche Form für meinen Mülleimer haben. Ich lasse alle Geräte auf Stand Bye, lasse Licht in Räumen an, in denen ich mich nicht aufhalte, dusche zur Entspannung abartig lange und ja manchmal heize ich sogar wenn das Fenster offen ist. Ja, ich bin ein Schwein! Ich tu das alles. Jede schlechte Angewohnheit nehme ich mit. Mir würde wahrscheinlich noch mehr einfallen, wenn ich mich länger dieser Frage widmen würde, da bin ich mir ganz sicher.

Aber warum mache ich das alles?

Aus Unwissenheit wohl kaum. Selbst der uninteressierteste Mensch kann sich vor dem ganzen, natürlich vollkommen sinnvollen, Nachhaltigkeitswahn wohl kaum mehr entziehen. Also warum schließe ich meine Augen und versuche so gut es geht weiter so zu leben, wie ich es bis jetzt getan habe? Woran liegt es, dass ich die Rolle des Übeltäters einnehme, obwohl ich weiß was ich da tue? Ist es mir zu kompliziert, bin ich überfordert? Oder ist es etwas anderes?

Ein Blick auf meinen Tagesablauf…

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Der Wecker klingelt, ich drücke auf snooth, weil ich am Vorabend zu spät ins Bett gegangen bin und mir beim besten Willen nicht vorstellen kann jetzt meinen Tag zu starten. Dieses Spielchen wiederhole ich bis zu fünf mal und es ist klar, ich bin viel zu spät dran. Ich packe schnell und unvollständig meine Sachen zusammen, wenn ich Glück habe, kann ich noch fix duschen, zieh mich an, haste durch die Wohnung, versuche Zähneputzen und Anziehen gleichzeitig zu erledigen, schnappe mir irgendwann meinen Rucksack und renne zur Straßenbahn, die ich mit pfeifender Lunge knapp erreiche. Soweit so gut, ich habe den Zwischenhalt erreicht und warte dort auf den Anschlussbus. Da ich keine Zeit für einen Kaffee hatte, geschweige denn um mir eine Stulle zu schmieren, hole ich mir einen coffee to go und ein Brötchen beim Bäcker, zünde mir eine Zigarette an und schmeiße diese nach drei Minuten halb geraucht auf den Boden, weil da auch schon der Bus kommt. Viel zu spät in der Uni angekommen ist mein halb leerer Kaffee kalt und ich schmeiße ihn weg. Kann mir ja gleich noch einen warmen am Kiosk holen, den ich peinlicherweise auch wieder nur halb trinken werde. Nach dem Kurs gehe ich einkaufen. Was ich noch da habe? Keine Ahnung, dauert mir aber auch zu lange darüber nachzudenken. Außerdem hab ich wahrscheinlich sowieso Lust auf was anderes und schnell gehen muss es auch. Lange kochen ist heute nicht drin. Nudeln mit Hackfleisch und Tomatensoße, ich kaufe Nudeln und Hack von Ja, na klar ! Und die billigste fertig Soße, ausnahmsweise. Ich hab eben keine Zeit und kein Geld, das geht ja für den ganzen Wegkaffee drauf. Die Sachen sind zwar mit hundert prozentiger Wahrscheinlichkeit nicht fair gehandelt und produziert worden und ich kann nur munkeln was da so drin ist, aber was solls. Ich kaufe natürlich noch mehr ein und habe, wer hätte das erwartet, auch keinen Platz mehr im Rucksack. Also kauf ich noch eine Plastiktüte. Ich fahre schnell nach Hause, lege meine Sachen ab und koche mir etwas. Der Plastikmüll ist voll, ich habe jetzt aber auch echt keine zeit den raus zubringen, also schmeiße ich die Hackfleisch Verpackung in den Restmüll, da kann man ja mal ein Auge zudrücken. Misst, die Wäsche ist noch in der Waschmaschine, aber ich muss doch nach dem essen gleich wieder los und wenn ich die jetzt aufhänge komm ich zu spät, naja dann kommt die halt in den Trockner, dafür haben wir ihn ja…

Eine Entdeckung

Ich könnte noch weiter erzählen, der Tag ist ja noch jung, aber ich denke das reicht schon aus um eine Entdeckung zu machen. Diese vielen kleinen Umweltverbrechen geschehen fast alle, weil ich keine Zeit habe. Ich bin ständig unter Zeitdruck, habe keine Zeit Vorbereitungen zu treffen oder mich zu lange mit etwas zu beschäftigen. Zudem bin ich extrem unorganisiert. Ich versuche allem nur das mindeste an Zeit zu widmen und an allen Ecken und Enden Zeit zu sparen um sie für andere Dinge aufzubringen, die mir wichtiger erscheinen.

Wer sich keine Zeit nimmt, kann nicht Nachhaltig handeln

Im Kurs haben meine Gruppe und ich die These aufgestellt, das Nachhaltigkeit immer ihre Zeit braucht. Mal schauen ob da was dran ist.

Zeit ist Geld, also schnell!

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Abgesehen von meinen Alltagssünden, versuche ich auch einen kleinen Blick auf Konzerne und Produktionen zu werfen, in Bezug auf Zeit und Nachhaltigkeit. Haben Großkonzerne vielleicht das gleiche Problem wie ich? Haben die auch keine Zeit, oder wollen die Zeit sparen? Na klar, Zeit ist Geld und um viel Geld dreht sich alles. Zudem ist unsere Wirtschaft auf dem Motto des schnellen Wachstums begründet. Wir wollen mehr, schneller, billiger, denn das macht uns glücklich. Auf unsere Nachfrage gehen die Konzerne ein. Sie haben ausgeklügelte Techniken entwickelt um alles schneller „wachsen“ zu lassen. Pflanzen durch Chemikalien, Kleidung durch Macht und Druck, und Tiere durch jahrelange Zucht. Früher brauchte eine neue Modekollektion ca. 2-3 Monate bis sie in den Handel kam, heute sind es im Durchschnitt 12 bis 15 Tage. Turboküken legen 300 Eier im Jahr. Ein wild lebendes Huhn, das seine Eier nach der Ablage behalten und ausbrüten darf, legt im Jahr maximal 36 Eier. Arbeiter in Ländern wie bspw. Asien arbeiten so schnell und viel sie können um nicht gekündigt zu werden und können sich dabei kaum selbst versorgen.

Das dieses schnelle Wachstum Tier, Mensch und Umwelt schadet muss kaum erwähnt werden. Chemikalien machen Mensch, Tier und Umwelt krank. Zu hoher bedarf an Ressourcen belasten die Erde. Dabei geht es um Wasserverbrauch, Monokulturen, Erdöl und eigentlich alles was in zu großen Massen benötigt wird.

Wie gesagt, schnelles Wachstum, das ist unser Motto. Wir wollen alles sofort und kriegen es auch. Dabei versteht doch jedes Kind, unbegrenztes Wachstum in einer begrenzten Welt ist nicht möglich. Ressourcen sind nicht unerschöpflich. Alles hat seinen natürlichen Zyklus und Wachstum braucht seine Zeit.

Was kann ich also tun?

 

Da ich nicht überall helfen kann um die Welt besser zu machen, fange ich an etwas in meinem Alltag zu verändern, denn eigentlich ist es nicht so schwer einen kleinen positiven Fußabdruck zu hinterlassen. Nachhaltigkeit erfordert nicht, dass ich mich komplett Einschränken oder auf alles verzichte. Eigentlich ist es nur eine Frage der Organisation. Wachstumsrücknahme bedeutet nicht auf alles zu verzichten, sondern über sein Konsumverhalten nachzudenken. Es heißt nicht gar nichts mehr zu konsumieren, sondern intelligenter und vorausschauender. Es heißt seine Gewohnheiten zu hinterfragen.

Heute habe ich mir Zeit genommen…

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Nach dem Aufstehen habe ich mir einen Kaffee gebrüht und ihn in meine Thermoskanne gefüllt. Ich hatte sogar noch Zeit, mir zwei Schnittchen zu schmieren. Sogar an eine Einkaufstasche habe ich gedacht.

Da ich heute für Kaffee, Brötchen und Einkaufstüte mindestens 7 Euro gespart habe, kaufe ich mir mein Zutaten fürs Mittagessen im Bioladen und packe sie in meinen schicken Jutebeutel. War gar nicht so schwer…

 

Quellen

http://www.helpster.de/wieviel-eier-legt-ein-huhn-wissenswertes-ueber-die-haustiere_112702

http://www.ernaehrungsberatung.rlp.de/Internet/global/themen.nsf/0/8C67692C1637C7F2C125796E0030A81A?OpenDocument

https://designoekologie.wordpress.com/2015/05/29/dominokonsumieren-2/